Jugendhilfe Bottrop e.V.
 

Peers an Fahrschulen

In Bottroper Fahrschulen findet seit 2013 immer häufiger ein außergewöhnlicher Fahrschulunterricht statt. Zwei „Peers“, also in etwa Gleichaltrige, gehen in die Fahrschule, stellen sich den Fahrschülerinnen und Fahrschülern vor und laden ein zum Gespräch. Es geht um den „Fahr-Trink-Konflikt“. Mit dem Führerschein kommt eine neue Verantwortung auf die Jugendlichen zu: Ohne Alkohol oder verbotene Drogen ins Auto zu steigen.

Mit dem Erhalt des Führerscheins ist für junge Menschen der Beginn eines neuen Lebensabschnittes verbunden. Der Führerschein ist ein wichtiger Schritt zum Erwachsensein. Der Konsum von psychoaktiven Substanzen, insbesondere Alkohol und Cannabis, birgt bei der aktiven motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr ein besonderes Gefahrenpotential. Deshalb muss zwischen „Drogenkonsum aller Art“ und Fahren zuverlässig getrennt werden. Prävention und Verkehrssicherheitsarbeit verfolgen in diesem Zusammenhang die gleiche Zielsetzung. Hierbei erfährt die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen eine besondere Aufmerksamkeit. Vor Erhalt des Führerscheins sollte eine gründliche Reflexion des eigenen Drogenkonsums aller Art erfolgen, so dass alle Fahranfänger*innen gut auf die Situationen, in denen zwischen Konsum und Fahren getrennt werden muss, vorbereitet sind.

Fahranfänger:innen im Alter von 18 bis 24 Jahren haben in der Unfallstatistik eine traurige Hauptrolle. Sie verursachten überproportional häufig Verkehrsunfälle mit Toten und Verletzten (18,52 % der Verkehrsunfälle gegenüber 8,14 % Anteil an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2014). Gleichzeitig sind sie die mit Abstand am stärksten gefährdete Altersgruppe im Straßenverkehr. Im Jahr 2014 starben in NRW 72 Fahranfänger*innen. 13.034 junge Erwachsene wurden 2014 bei Verkehrsunfällen verletzt. Alkohol und Drogen haben eine große Bedeutung bei den Unfallursachen. Über 6.700 Unfälle wurden 2014 in NRW unter dem Einfluss von Alkohol verursacht, über 1.100 unter dem Einfluss von Drogen und Medikamenten. Ebenso lässt sich, besonders für die 18- bis 24-Jährigen, ein erhöhtes Unfallrisiko in den Nachtstunden an den Wochenenden bei den sogenannten Discounfällen nachweisen. Bei vielen dieser Unfälle stehen die Fahrer*innen unter der Wirkung von Alkohol und Drogen. Manche Jugendliche ignorieren das Problem des Alkohol- oder Drogenkonsums einfach, andere halten dem Druck ihrer Clique nicht stand. Das „Peer Projekt an Fahrschulen“ setzt vorbeugend bereits beim Erwerb des Führerscheins an.

Der Jugendhilfe Bottrop e.V. hat als Träger der Fachstelle für Prävention ein erprobtes Vorbeugungsprojekt für Bottrop mit Mitwirkung der Stadtverwaltung (Straßenverkehrsamt und der Fachbereich Jugend und Schule) aufgegriffen und umgesetzt. Das „Peer Projekt an Fahrschulen“ ist in Magdeburg entwickelt worden und wird in NRW vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) begleitet. Neben Bottrop sind Gelsenkirchen, Hamm und der Kreis Siegen-Wittgenstein beteiligt. Auch in Bottrop bestätigen die Auswertungen der Fahrschuleinsätze den Erfolg dieses Ansatzes.


Junge Menschen, die selber auch zur Gruppe der „jungen Fahrer:innen“ gehören, werden in Grundlagenseminaren von Fachkräften ausgebildet. Inhalte dieser Grundlagenseminare sind neben Fachvorträgen und Reflexionen der Fahrschul- und Fahranfängerzeit sowie des eigenen Umgangs mit dem Trink-Fahr-Konflikt auch die Entwicklung und Erprobung einer Unterrichtseinheit. Die Schulungen werden in Bottrop unter Beteiligung der Kooperationspartner (Stadtverwaltung, Polizei, Fahrlehrerverband) durchgeführt.

Nach dieser Ausbildung gestalten die „Peers“ 60- bis 90-minütige Unterrichtseinheiten, die in den Fahrschulen jeweils zu zweit moderiert werden. Inhalte sind dabei neben der Wissensvermittlung (Unfallzahlen, gesetzliche Grundlagen, Promillegrenzen, Stoffkunde etc.) und dem Erfahrungsaustausch das Herausarbeiten von Konfliktsituationen und die Vorbereitung auf die „neue Rolle“ als Fahrerin und Fahrer. Konkret werden Strategien und Möglichkeiten entwickelt, Rauschfahrten zu vermeiden. Der markante Titel für das Peer-Projekt in Bottrop bringt es auf den Punkt: „Erst denken, dann lenken“.

Vorteil dieses Ansatzes ist zum einen der Peer-Gedanke: Jugendliche Botschaften der Gesundheitsförderung und Lebensgestaltung können eher und nachhaltiger angenommen werden, wenn sie von Gleichaltrigen vermittelt werden. Zum anderen haben die Jugendlichen die Fahrschule als freiwilligen Lernort mit deutlicher Zielorientierung gewählt. Dieser Ansatz entspricht der Konzeption der sonstigen vorbeugenden Arbeit des Jugendhilfe Bottrop e.V.

Seit August 2013 werden die Einsätze der Peers in Bottroper Fahrschulen durchgeführt. Bereits zweimal wurden neue Peers unter Beteiligung der Erfahrenen ausgebildet.

Mittlerweile sind in 40 Einsätzen über 500 Fahrschülerinnen und Fahrschüler erreicht worden. Derzeit sind acht Peers im Einsatzteam und fünf Bottroper Fahrschulen mit neun Standorten beteiligen sich an „Erst denken - dann lenken“ (Stand 07-2015).

 

Weitere Informationen:

Flyer

www.peer-projekt.de

Und beim Jugendhilfe Bottrop e.V. Tel: 02041-29031